Dienstag, 25. März 2008

Bergen-Bericht

Montag, 17.3.2008

Ich stehe um 8 Uhr auf und packe noch die letzten Dinge in meinen Rucksack. Den größten Teil hab ich schon am Sonntag hergerichtet. Danach geht es mit dem Bus zum Pier, wo um 10 Uhr unser Schiff der Hurtigruten ablegen wird. Ich bin um ca. 9 dort und warte auf Gesine, dich mich auf der Reise begleitet. Sie ist aus Deutschland und war schon im Juli in der gleichen Sprachkursgruppe wie ich.
Kurz nach 9 Uhr ruft sie mich an und sagt, dass ihr der Bus vor der Nase weggefahren ist und sie sich verspätet – es gilt nämlich der Osterferien-Fahrplan und die Busse fahren nur sehr selten.
Um halb 10 ist sie dann auch beim Pier und wir gehen gemeinsam zum Hurtigruten-Ablegeplatz. Dort steht dann ein recht kleines und altes Schiff des Postschiffunternehmens vor uns – MS Lofoten lautet der klingende Name. Wir sind etwas überrascht, weil wir uns eigentlich etwas Größeres vorgestellt hatten, lassen uns aber die Vorfreude nicht verderben.

Als wir das Schiff betreten fühlen wir uns wie auf der Titanic! Der Empfangsraum ist mit einem dunklen Holzboden ausgekleidet, an der Wand steht ein bordeauxrotes Ledersofa. Die Stiegengeländer sind mit Gold verkleidet und bei der Rezeption sitzt eine Norwegerin in der Uniform der Hurtigrute. Wir geben unsere Reservierungsnummer bekannt und bekommen unsere Zimmerschlüssel. Bei der Kabine angekommen, stellen wir fest, dass es kein Fenster gibt – und das, obwohl wir extra eine Kabine mit Fenster reserviert hatten. Wir gehen also noch einmal zurück und bekommen auch sofort eine andere Kabine zugeteilt. Die Kabine ist total süß: 2 Betten, die rechts und links an den Wänden stehen, ein Waschbecken mit Spiegel und 2 Kleiderkästen.

Wir gehen anschließend ein bisschen im Schiff herum. Es gibt verschiedene Kabinendecks, ein Restaurant, 2 Aufenthaltsräume und 2 Außendecks. Am obersten stehen ein paar Stühle und ein Teil ist mit Glas verkleidet, damit der Wind nicht so stark ist. Wir beziehen dort Stellung und sehen Trondheim in der Sonne langsam kleiner werden und schließlich verschwinden. Es zieht Nebel auf und beginnt leicht zu schneien, sodass wir bald hineingehen. Im Aufenthaltsraum lesen wir ein bisschen und hören dann der Schiffsband beim Proben zu – sie singen wirklich gut und nach kurzer Zeit kommt der Kapitän und singt lauthals (und hervorragend) Frank Sinatra und Elvis. Wir singen ein bisschen mit und applaudieren zwischendurch…

Als die Band dann um 15 Uhr anfängt, wirklich zu spielen – leider diesmal vor allem norwegische Volkslieder, die sehr an österreichische Apres-Ski-Hits erinnern – setzt sich der Kapitän zu uns und fängt an, mit uns zu tratschen. Er kommt aus Hamburg und fährt schon seit 13 Jahren mit den Hurtigruten entlang der norwegischen Küste auf und ab. Kurze Zeit später sitzen noch 4 weitere Crewmitglieder bei uns am Tisch und wir unterhalten uns auf Deutsch und Norwegisch. Ich glaube, alle sind froh, dass einmal jemand unter 50 auf dem Schiff ist und noch dazu in der Lage ist, Norwegisch zu reden. Außer uns sind 90% deutsche Pensionisten unterwegs, dazu noch 3-4 junge Leute.
Mitten in der Unterhaltung fragt uns der Kapitän dann, ob wir gratis nach Kirkenes (nordöstlicher Zipfel von Norwegen) und wieder zurück nach Trondheim fahren wollen. Zuerst glauben wir natürlich, dass er uns auf den Arm nehmen will, aber er wiederholt es immer wieder und meint es wirklich ernst…

Die ersten paar Stunden der Reise sind wirklich angenehm, das Meer ist schön ruhig, wir fahren die meiste Zeit durch Seestraßen und sehen rechts und links die verschneiten Berge und kleine Orte.
Um 17 Uhr machen wir einen kurzen Stopp in Kristiansund. Gesine und ich kaufen uns Salzstangen und Nüsse, nachdem uns schon etwas flau im Magen ist. Ich nehme außerdem noch eine meiner Anti-Reisekrankheits-Tabletten, die ich mir in Trondheim gekauft und von denen ich schon eine vor der Abreise genommen habe. Die nächsten 2-3 Stunden gehen nämlich über offene See und das hört sich nicht so verlockend an….

Tja – es ist dann auch nicht so toll… Kurz nach Kristiansund wird unser kleines Schiff (90 Betten) von den hohen Wellen hin- und hergeschaukelt wie eine Nuss-Schale. Ich gehe relativ bald hinaus an Deck und hänge kurze Zeit später leider auch schon über der Reling… und das nicht nur ein Mal. Es wird so schlimm, dass ich nicht einmal mehr Tee bei mir behalten kann und bei der nächsten Station am liebsten aussteigen möchte und irgendwie anders nach Bergen kommen will. Der Grund für den starken Wellengang ist ein Sturm mit Windstärke 11 weiter im Süden, der das Meer natürlich sehr stark aufwühlt. Teilweise ist es so arg, dass wir nicht einmal mehr den Horizont, sondern nur Wellenberge sehen können. Die ganze Situation ist recht unheimlich – wir sitzen die ganze Zeit an Deck und schauen auf das dunkle Meer mit Schaumkronen und Wellentälern.
Nachdem Gesine dem Kapitän erzählt hat, dass ich in Molde von Bord gehen will, kommt er zu mir und redet mir gut zu. Später bringt er mir dann auch noch Knäckebrot und Obst – dazu gibt er mir den Rat, ein Bier zu trinken, noch 2 Tabletten zu nehmen und dann schlafen zu gehen.
Die nächsten paar Stunden vergehen dann wirklich recht ruhig und ich geh um 23:30 ins Bett, das wirklich herrlich weich und angenehm ist. Trotzdem kann ich nicht einschlafen, weil ich weiß, dass uns von 2-5 Uhr nachts noch einmal eine offene Seestrecke bevorsteht… So vergehen die Stunden mit leichtem Schaukeln, das dann wieder in heftiges hin- und herwackeln übergeht. Wir werden in den Betten abwechselnd an das Kopf- und Fußende gedrückt und können nicht schlafen. Mir wird aber zum Glück nicht mehr schlecht. Irgendwann schlafen wir dann auch ein…



Dienstag, 18.3.2008

Wir stehen nach einer kurzen Nacht um 10 Uhr auf, packen unsere Sachen zusammen und gehen dann an Deck, wo wir die schöne Aussicht auf die sonnige Küste genießen. Es ist herrliches Wetter und nachdem wir uns wieder in Fjordgewässern befinden, ist das Meer auch total ruhig. Wir frühstücken und setzen uns dann in die Sonne… Leider ist es ziemlich kalt, sodass wir es nicht so lang aushalten.

Um 14 Uhr lauft unsere MS Lofoten den Hafen von Bergen an. Die Stadt liegt wunderschön zwischen 7 Hügeln in einem recht engen Tal. Als wir von Bord gehen, sagt der Kapitän noch einmal, dass das Angebot ernst gemeint ist und wir es uns noch einmal überlegen sollen.
Deshalb führt unser erster Weg in Bergen auch auf die Universität. Wir wollen schauen, ob es einen recht günstigen Flug von Kirkenes oder Tromsö nach Trondheim gibt – die ganze Fahrt wäre uns eindeutig zu lang (und langweilig). Es gibt aber keinen einzigen Flug unter 5000 Kronen und so beschließen wir, das Angebot abzulehnen.

Anschließend gehen wir zu unserer Unterkunft, die sehr zentral liegt. Das „Hotel“ heißt Citybox und beruht auf dem Selbstbedienungsprinzip. Eingecheckt wird an einem Computer, der dann auch die Schlüsselkarten ausspuckt, bezahlt wird mit Kreditkarte.
Unser Zimmer ist sehr schön hell und groß, wir haben ein Doppelbett, einen Tisch mit Sessel und einen kleine Kochniesche, die wir aber leider nicht benützen können. Direkt neben dem Zimmer befindet sich das Badezimmer, das wir uns mit einem anderen Doppelzimmer teilen (das aber offensichtlich nicht belegt ist – wir treffen nie jemanden im Bad). Auch das Bad ist sehr sauber.
Im Erdgeschoss gibt es einen Aufenthaltsraum mit Teekocher und Mikrowelle – dort bereiten wir in den nächsten Tagen unser Frühstück und Abendessen zu.

Nachdem wir unsere Sachen abgestellt haben, machen wir uns gleich auf den Weg in die Stadt – das Wetter ist einfach herrlich!
Wir gehen zu Bergens größter Touristenattraktion – Bryggen (der ehemalige Sitz der Hanseaten), das direkt am Hafen liegt und mit seinen Holz- und Steinhäusern einfach total „liab“ ist. Uns zieht es aber noch ein Stückchen höher auf den Gipfel eines der Berge. Hinauf geht es mit der Fløibahn – eine Zahnradbahn (ähnlich wie die Schloßbergbahn in Graz), die uns in 7 Minuten von null auf 320 m Höhe bringt und mit einer maximalen Steigung von 26° ganz schön hinaufzieht. Von oben haben wir einen traumhaften Überblick über Norwegens zweitgrößte Stadt (250.000 Einwohner), die mit ihren engen Gässchen und der wunderschönen Lage wirklich besticht. Natürlich trägt das Wetter zum äußerst positiven Eindruck bei.
Wir gönnen uns eine heiße Schokolade im „Gipfelcafé“ und machen uns dann zu Fuß auf den Weg bergab. Dabei landen wir in einem bezaubernden Viertel, das aus kleinen, vornehmlich weißen Holzhäusern, winzigen Gassen und verwinkelten Stufen besteht.

Da wir von der Bootsfahrt ziemlich erschöpft sind, gehen wir anschließend noch Mikrowellenessen einkaufen, essen in der Unterkunft und gehen dann ins Bett, wo wir noch lesen und schon um halb 10 schlafen…



Mittwoch, 19.3.2008


Wir stehen recht früh auf (kein Wunder, wenn man am Vortag um 21:30 schläft) und gehen wieder auf Entdeckungstour. Zuerst gehen wir noch einmal nach Bryggen, wo wir total süße Hinterhöfe entdecken, die mit schiefen Fußböden, verwinkelten Stiegen und viel zu niedrigen Türen bezaubern. Es ist wie auf einem Abenteuerspielplatz, da man überall herumgehen kann und sich alles aus nächster Nähe anschauen kann. Ich verstehe wirklich, dass Bryggen zum Weltkulturerbe gemacht wurde – es ist wirklich ganz besonders.

Anschließend besuchen wir die Marienkirche, die schon im Jahr 1130 erbaut wurde und ganz schön ist.
Der weitere Weg führt uns zum „Bergenhus“, der norwegischen Residenzstadt des 13. Jahrhunderts. Die Gebäude sind sehr gut erhalten und ganz schön.

Da es noch recht früh ist und das Wetter so gut ist, fahren wir als nächstes zur Stabkirche in Fantoft, das ca. 20 Busminuten entfernt liegt. Von der Bushaltestelle spazieren wir durch einen sehr schönen Wald, der sehr an österreichische Wälder erinnert (im Gegensatz zu den recht langweiligen Kiefernwäldern in der Trondheimer Gegend), zur Stabkirche, die wunderschön über einem Fjord liegt. Leider können wir nicht hinein, da die Kirche nur im Sommer geöffnet hat, aber auch der Blick von außen ist sehr schön. Wir machen Fotos, spazieren ein bisschen herum und fahren dann wieder in die Stadt zurück.

In der Einkaufsstraße von Bergen bummeln wir ein bisschen durch die Geschäfte und ich schlag bei einem Sommermantel bei Vero Moda zu – ist wirklich total schön und sehr günstig.

Anschließend gehen wir nach Hause, essen etwas und legen uns ein bisschen hin.

Gegen 20 Uhr gehen wir noch einmal in die Innenstadt und lassen in einem sehr netten Lokal den Tag ausklingen….



Donnerstag, 20.3.2008


Wir stehen schon um 7 Uhr auf, weil wir für heute einen Ausflug geplant haben. Beim Bergener Touristenbüro haben wir die Tour „Norway in a nutshell“ gebucht: sie führt von Bergen mit dem Zug nach Voss, von dort mit dem Bus nach Gudvangen und dann mit dem Boot durch den Nærøyfjorden und den Aurlandsfjorden (Weltkulturerbe). Weiters fährt man mit der Flåmbahn von Flåm nach Myrdal und mit dem Zug nach Bergen zurück.

In der Früh ist das Wetter nicht so wirklich berauschend: es schneit und ist bedeckt… Wir machen uns trotzdem sehr positiv auf den Weg, nachdem wir in Norwegen die Erfahrung gemacht haben, dass das Wetter innerhalb von Minuten wechseln kann.

Zuerst geht es mit dem Zug nach Voss – es ist neblig und stark bewölkt, sodass wir nicht viel von der Landschaft sehen.
In Voss steigen wir dann in einen Reisebus um, der uns nach Gudvangen bringt. Auf der Strecke sehen wir stark verschneite Landschaften – hier herrscht noch tiefer Winter – und hohe Berge.
In Gudvangen angekommen, haben wir etwas Zeit, die wir im örtlichen Souvenirshop verbringen (der eigentlich den ganzen Ort darstellt). Danach geht’s auf unser Schiff, das eine typische norwegische Fjordfähre ist: 2 Decks, ein Café und Sitzmöglichkeiten auf und unter Deck. Wir bleiben trotz des Nebels und der Kälte sehr lange an Deck und schauen uns die gespenstige Landschaft an. Durch den Nebel sieht man nicht das ganze Ausmaß des Fjordes, es ist aber dafür umso mystischer, weil vor uns immer wieder Berge aus dem Nebel auftauchen und wieder verschwinden.
Nach 2 ½ Stunden Bootsfahrt kommen wir dann in Flåm an, das auch ein ziemliches Nest ist. Wir setzen uns in ein Café und essen Pommes frites und trinken warmen Kakao.

Kurze Zeit später fahren wir dann mit der Flåmbahn nach Myrdal. Die Strecke ist zwar nur 20 km lang, dauert aber ca. 1 Stunde und führt von 9 m Meereshöhe auf 866 m! Obwohl das Wetter nicht so gut ist, ist die Fahrt sehr spektakulär. Zwischendurch bleiben wir an einem sehr schönen Wasserfall stehen, der zum Teil vereist ist.

In Myrdal erwartet uns so ein Schneesturm, dass wir fast nicht gehen können. Mit den anderen Touristen (eigentlich sind sehr viele mit uns unterwegs – darunter auffallend viele Amerikaner) warten wir im Bahnhofsgebäude auf den Zug nach Bergen.
Die Fahrt nach Bergen ist dann vor allem von SCHNEE geprägt – überall Schnee. Ober uns, unter uns, seitlich von uns…unglaublich – wir dachten schon, es wäre Frühling in Norwegen. Da wir direkt hinter der Lok sitzen, schmeißt es den Schnee total an die Fenster und man kommt sich vor wie in einer Waschanlage.

Zurück in Bergen gehen wir in unser Quartier, duschen, essen und gehen ganz früh schlafen – der Tag hat uns ziemlich geschlaucht…


Freitag, 21.3.2008

Wir stehen gemütlich auf, frühstücken und packen unsere Sachen zusammen. Auf dem Programm für heute stehen das hanseatische Museum und das Aquarium, bevor es um 19:35 nach Trondheim geht (diesmal zum Glück mit dem Flugzeug…).

Nachdem wir unser Gepäck im SAS Radisson Hotel losgeworden sind (man muss nur lieb fragen), gehen wir ins hanseatische Museum, wo man in einem originalen Hansekontor (die Büros der Deutschen in Bergen) das Leben der Hanseaten begutachten kann. Es ist sehr nett aufgebaut und auch recht interessant.

Anschließend gehen wir ins Aquarium, wo wir dann auch fast 4 Stunden bleiben. Es ist echt schön und groß und neben den „typischen“ Fischen, gibt es noch Krokodile, Pinguine und Seehunde. Besonders süß ist die Fütterung der Pinguine. Außerdem können wir noch eine Schlange und so komische Chamäleon-artige Tiere angreifen…

Um ca. 18 Uhr sind wir dann am Flughafen, checken ein und setzen uns dann in sehr gemütliche Sesseln um zu warten. Wir lesen ein bisschen und schlagen die Zeit tot. Im Flughafen ist so gut wie nichts los, weil ja Karfreitag ist. Das Leben in Norwegen steht am Gründonnerstag und Karfreitag eigentlich still – auch am Montag haben die Geschäfte noch geschlossen…

Der Flug nach Hause ist sehr angenehm und wir kommen sogar ein bisschen zu früh an. Wir werden von Chris abgeholt und nach Hause gebracht, wo ich bald schlafen gehe…

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hi Liesi,
habe heute deinen lebendigen Bericht über deine Hurtigrutenfahrt gelesen und geschmunzelt.
Als Mitherausgeber des Buches "Atelier Hurtigruten" (MS Lofoten) möchte ich dich auf unser Werk aufmerksam machen. Vielleicht interessiert es dich?!
Ab 1.Mai bin ich wieder für 3 Wochen auf dem Schiff zu Hause!
Freue mich von dir zu hören.
Masse hilsner
Christian-Ivar / Lofoten
www.digermulen.de (Atelier Hurtigruten / Atelier Trollfjord